Blog zur NPT PrepCom vom 31. Juli bis 11. August in Wien

Das Wichtigste rund um die Vorbereitungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrags

News-Blog aus Wien
News-Blog aus Wien

Vom 31. Juli bis zum 11. August findet in Wien das erste Vorbereitungskomitee (Prepatory Committee, PrepCom) zur nächsten Überprüfungskonferenz des Nichtsverbreitungsvertrages statt. Hier verhandeln die Mitgliedsstaaten den Zustand des Vertrages und mögliche nächste Schritte. In einem Blog halten euch Regina Hagen (Sprecherin bei „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“, rh), Annegret Krüger (ak) und Marvin Mendyka (mm, beide Netzwerk Friedenskooperative) in den kommenden 14 Tagen auf dem Laufenden.



+++ Blog +++

 

 +++ Das Ende der Konferenz - Don't wanna be hip, but thanks for a great trip +++

Am Freitag, 11. August 2023, ging die Vorbereitungskonferenz für die nächste Überprüfung des Nichtverbreitungsvertrags (NVV) in Wien zu Ende. Nach zwei Wochen gibt es kaum nennenswerte Ergebnisse für die kommende Vorbereitungskonferenz im nächsten Jahr. Aber es wurde trotz allem noch einmal turbulent an den letzten beiden Tagen. Am Donnerstag zirkulierte der finnische Sitzungsleiter, Jarmo Viinanen, einen Entwurf einer Zusammenfassung der Fakten (Draft Factual Summary) der letzten zwei Woche. Dieses Dokument löste einiges aus. So gut wie alle Mitgliedsstaaten kritisierten den Entwurf – alle aus unterschiedlichen Gründen versteht sich. Russland bemängelte beispielsweise, dass die Zusammenfassung nicht ausgewogen sei und nicht den Standpunkt widerspiegle, dass die NATO-Staaten den NVV nutzen würden, um ihre eigene politische Ziele zu verfolgen. Kanada merkte an, dass es ein guter Kompromiss sei, wenn alle unzufrieden sind. Weiter stellte Kanada fest, dass unterschiedliche Parteien verschieden Dinge widergespiegelt haben wollen und wies die Kritik am Sitzungsleiter zurück, dass dieser nur eine westliche Sicht vertreten würde. China kritisierte, dass die nukleare Teilhabe, die Ausweitung der so genannten nuklearen Abschreckung und AUKUs (siehe dazu dieser Blogbeitrag) nicht im Dokument berücksichtigt wurden. Dies wäre eine selektive und exklusive Vorgehensweise, die zusätzliche Bedenken unter den Mitgliedsstaaten hervorrufen würde. Brasilien erklärte, dass die Formulierung, wonach der NVV der Eckpfeiler des Systems der Nichtverbreitung von Kernwaffen und die Grundlage für das Streben nach nuklearer Abrüstung sei, inakzeptabel sei, da sie eine Hierarchie zwischen Abrüstung und Nichtverbreitung suggeriere. Viele weitere Staaten schlossen sich diesem Standpunkt an. Weitere Absätze wurden Paragraph für Paragraph kritisiert oder kommentiert. Letztlich war klar, auch dem Sitzungsleiter, dass dieses Papier nicht im Konsens verabschiedet werden konnte. Daher schlug er vor, das Dokument als sein eigenes „Arbeitspapier“ (working paper) einzureichen. Dies ist eine durchaus übliche Praxis und kam auch in früheren Konferenzen vor (so geschehen 2017, 2018 und 2019). Russland, Syrien und besonders vehement der Iran lehnten diesen Vorschlag jedoch ab. Daraufhin entbrannte die nächste Diskussion. Viele Staaten äußerten Unglauben und Sorge darüber, dass nun infrage gestellt wurde, ob der Sitzungsleiter ein solches Dokument eigenständig einreichen sollte und könne. Der Iran merkte an, dass er dem Vorschlag nicht zustimmen könne, denn ein NVV-Vertragsstaat (Iran) würde in der Zusammenfassung und dem „diskriminierenden Bericht“ direkt ins Visier genommen. Damit wurde sich erstmal in die Mittagspause verabschiedet. Als danach alle wieder zusammenkamen, verkündete der Sitzungsleiter, dass der Entwurf der Zusammenfassung nicht als Arbeitspapier herausgegeben werden würde. Hinzu wurde das Papier „Empfehlungen des Sitzungsleiters für die zweite Vorbereitungskonferenz“ (Chair’s Recommendations to the Second Prepatory Commitee) in Überlegungen des Vorsitzenden umbenannt. Auch dieses Dokument hat für allerlei Kritik gesorgt.

In dem Abschlussstatement des Vorsitzenden bedankte er sich bei allen, wenn auch nicht explizit bei der Zivilgesellschaft, mit den Worten einer der größten Rockbands der 1970er Jahre (laut Jarmo Viinanen): Don't want to be hip, but thanks for the great trip.

Was hat das nun alles zu bedeuten?
Um es mit Reaching Chritical Will’s (das Abrüstungsprogramm der WILPF, die alle wesentlichen Punkte über die PrepCom in ihren wichtigen Berichten hier zusammenfassen) Worten zu sagen: Diese Vorbereitungskonferenz hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Nach zwei Wochen, in denen Fragen erörtert wurden, die für den Fortbestand der Welt von großer Bedeutung sind, beendeten die Vertragsstaaten die Sitzung mit einem Streit darüber, welche Dokumente in den Verfahrensbericht der Sitzung aufgenommen werden dürfen.

Iran, der von Russland und Syrien unterstützt wurde, erhob Einwände dagegen, dass die Zusammenfassung auch nur als Arbeitspapier aufgeführt wird. Das Hauptanliegen der iranischen Delegation war, dass die Zusammenfassung den Iran in negativer Weise hervorhebt. Der Iran beanstandete auch die seiner Meinung nach in der gesamten Zusammenfassung vorhandene westliche Voreingenommenheit. Einige Staaten verteidigten die „gute multilaterale Praxis“. Dabei waren sie selbst unaufrichtig, als sie für die Papiere des Vorsitzes eintraten. Die Vereinigten Staaten haben beispielsweise die Ergebnisse von zwei NPT-Überprüfungskonferenzen blockiert - einmal im Namen eines Nichtvertragsstaates. Alle fünf nuklear bewaffneten Staaten und einige ihrer Verbündeten, die den Atomwaffensperrvertrag unterstützen, haben die Ergebnisdokumente immer wieder verwässert, ihre Verpflichtungen und Zusagen in Bezug auf die nukleare Abrüstung nicht eingehalten und die Bemühungen des früheren Vorsitzes, sachliche und ausgewogene Überlegungen zu den Diskussionen vorzulegen, untergraben, wenn diese Überlegungen ihren Interessen nicht entsprochen haben.

Dennoch ist der Streit um die Aufnahme von Arbeitspapieren in eine Liste von Dokumenten in einem Verfahrensbericht selbst für NVV-Verhältnisse extrem. Man könnte meinen, dass zwei gescheiterte Überprüfungskonferenzen in Folge die Vertragsstaaten zu mehr Flexibilität und Kompromissbereitschaft veranlassen würden, um den Vertrag zu bewahren, der ihnen angeblich so sehr am Herzen liegt, aber das ist nach wie vor nicht der Fall.

Natürlich geht es bei verfahrenstechnischen Auseinandersetzungen nie wirklich um das Verfahren. Hinter den Bemerkungen über Präzedenzfälle und Verfahren verbergen sich sehr ernste politische Fragen. Dies wurde bei den Diskussionen über den Inhalt der Zusammenfassung des Vorsitzenden am Donnerstagnachmittag und Freitagmorgen deutlich. Die Diskussionen und Bemerkungen der Staaten können hier bei Reaching Critical Will auf Englisch nachgelesen werden. Mit diesem Ende ist fraglich, wie viel in den kommenden Vorbereitungskonferenzen erreicht werden kann. Unser aller Engagement für eine atomwaffenfreie Welt bleibt daher so wichtig wie eh und je. (ak)

 

+++ 17.08.2023: Nachtrag aus Wien: 3 Fragen an Bill Kidd – Schottischer Abgeordneter +++

Bill Kidd ist ein Abgeordneter des schottischen Parlaments und außerdem Ko-Präsident von PNND (Parlamentarisches Netzwerk für Nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung). Er engagiert sich seit vielen Jahren in Schottland für nukleare Abrüstung. Er beteiligte sich bei PNND zum ersten Mal 2008, als er bei den Vereinten Nationen zu Gast war.

AK: Warum nehmen Sie an der NPT PrepCom teil?
BK: Nun, ich bin hier, weil die PrepCom sehr wichtig ist, weil sie eine Wiederholung der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags ist, die normalerweise alle fünf Jahre stattfindet. Die Überprüfungskonferenz ist extrem wichtig, oder sollte wichtiger sein, als sie für einige der Länder tatsächlich zu sein scheint. Aber sie ist sehr wichtig, weil sie die Welt zusammenbringt, um über die Situation mit Atomwaffen und die Gefahren, die mit Atomwaffen einhergehen können, zu sprechen, um viele Menschen zu schützen.

AK: Was sind Ihrer Meinung nach derzeit die größten Herausforderungen im Zusammenhang mit dem NVV?
BK: Die größte Herausforderung besteht darin, dass sich die Menschen immer noch nicht mit der Idee anfreunden können, über die Anzahl der Atomwaffen zu verhandeln. Tatsächlich hat die britische Regierung erst letztes Jahr angekündigt, dass sie vorhaben gegen Artikel 6 des NVV zu verstoßen und die Zahl der Atomsprengköpfe um 40 % zu erhöhen. Sie haben angekündigt, dass sie das tun werden. Das ist meiner Meinung nach eine Schande. Es sollte für jeden eine Schande sein, denn sie haben eine Vereinbarung unterzeichnet, dass sie die Zahl der Sprengköpfe reduzieren werden und dass wir mit anderen verhandeln, damit sie sich ebenfalls an einem solchen Vorhaben beteiligen.

AK: Haben Sie eine Botschaft für junge Leute?
BK: Ich meine, was mir am meisten Spaß macht, wenn ich zur NPT und zur PrepCom komme, ist das Zusammentreffen mit Menschen aus der ganzen Welt, die ähnlich denken, dass wir die Atomwaffen loswerden müssen. Menschen aus der ganzen Welt versammeln sich als Nichtregierungsorganisationen und andere Mitglieder der Zivilgesellschaft, die Atomwaffen abschaffen wollen. Und die einzige Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, dass sich die Menschen zusammenschließen und Druck auf die Regierungen ausüben, damit diese diesen Weg tatsächlich einschlagen.

(ak)

 

+++ 11.08.2023: Am Ende ist noch lange nicht Schluss +++

Heute geht die PrepCom zu Ende – mit welchem Ausgang, ist einfach vorherzusagen: Es wird nicht zu einer Einigung über das Papier kommen, das die Ergebnisse dieser PrepCom zusammenfassen und, evtl. ergänzt um Empfehlungen, Eingang finden soll in die Diskussionen der zweiten PrepCom nächstes Jahr in Genf.

Es gibt etliche Punkte, die strittig sind. Egal, ob sich die anderen (Formulierungs-) Probleme lösen lassen, eines sicher nicht: Saporischschja. Der Name fällt nicht, aber natürlich ist dieses AKW gemeint, wenn im Entwurf für eine »Factual Summary« (Zusammenfassung der Fakten) des PrepCom-Vorsitzenden zu lesen ist, dass die Mitgliedstaaten des NVV ihre „tiefe Besorgnis“ äußerten über die Situation in „Atomkraftwerken, […] besonders solchen in der Ukraine, und den Auswirkungen des Kontrollverlusts über solche Einrichtungen durch die zuständigen Behörden infolge solcher militärischer Aktivitäten“. Gemeint ist die Besetzung des AKW Saporischschja durch russische Truppen und die Übernahme der AKW-Leitung durch Russland. Viele Mitgliedstaaten prangern dies an. Russland hingegen als Antwort kühl wissen, dies sei nun russisches Territorium, und es sei doch ganz normal, dass das AKW dann auch durch russische Behörden betrieben würde.

Die Diskussion hält an, während ich dies schreibe, ich bin heute aber nicht in der UNO. Ich werde die PrepCom-Geschehnisse gestern und heute mit Hilfe der Aufzeichnungen in UN Web TV nachverfolgen (ein Beispiel für eine solche Sitzung ist hier online) und von anderen Kolleg*innen hören, wie die Diskussion verlief.

Ich lade Sie ein, in den nächsten acht Tagen gelegentlich ins Blog zu schauen, Ich werde Berichte nachliefern, weil es zum Schluss noch richtig zur Sache geht.

Bis dahin wünsche ich ein schönes Wochenende – und nehme mir wie schon öfters vor, endlich mal als Touristin nach Wien zu kommen, anstatt täglich im Bauch der UNO zu verschwinden und die ganze Zeit der »Doomsday Machine« zu widmen. (rh)

 

 

+++ 10.08.2023: Advancing nuclear abolition and climate protection in the UN Human Rights bodies - Abschaffung der Atomwaffen und Klimaschutz in den UN-Menschenrechtsgremien +++

In einem Side-Event gestern, an dem ich teilnahm, ging es darum, dass UN-Menschenrechtsorgane dazu genutzt werden sollten, um dort das Thema der nuklearen Abrüstung zu platzieren. Dafür wurden zwei Beispiele genannt. 2018 wurde eine so genannte „allgemeine Bemerkung“ (General Comment) zum UN-Zivilpakt (International Covenant on Civil and Political Rights) zu Artikel 6 – das Recht auf Leben verabschiedet. Dies klingt erstmal alles sehr technisch, aber wichtig ist hier vor allem Folgendes: In dieser Bemerkung wurde festgehalten, dass die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen völkerrechtswidrig sei.

Diese Bemerkung wurde nun wiederum dazu verwendet, um konkrete Vorschläge an Deutschland zu richten, die im Rahmen der regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic Review) berücksichtigt werden sollen. Dieser Überprüfungsprozess findet unter Schirmherrschaft des UN-Menschenrechtsrates statt und dabei sollen die Staaten aufzeigen, was sie getan haben, um die Menschenrechtssituation in ihrem Land zu verbessern. Verschiedene Organisationen u. a. der World Future Council haben diesbezüglich Empfehlungen an Deutschland in Bezug auf Atomwaffen und die Klimakrise gegeben. Dieses Dokument kann hier nachgelesen werden.

Ein weiteres Beispiel ist der Überprüfungsprozess bei der Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW) – die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Zivilgesellschaftliche Organisationen brachten hier der Absturz eines US-Flugzeugs, das vier Atombomben an Bord hatte, auf Grönland im Jahr 1968 vor. Denn dieser Unfall führte zur Freisetzung von Radioaktivität, weil die Atomsprengköpfe beschädigt wurden. Auch wenn es zu keiner Detonation kam, hatte die Freisetzung massive Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung, insbesondere auf die Frauen, Grönlands. Dies wurde beim CEDAW-Komitee vorgebracht, wodurch Atomwaffen und ihre genderspezifischen Auswirkungen in einem neuen Forum vorgebracht wurden. Der dänische Staat hat es versäumt, die generationsübergreifenden Auswirkungen des Atomwaffenunfalls auf dem Luftwaffenstützpunkt Thule und die sich daraus ergebenden negativen Folgen für die Gesundheit von Frauen anzugehen.

Dies sind beides spannende Beispiel, um die Thematik breiter zu streuen und mit anderen Foren und Bewegungen zu vernetzen. (ak)

 

+++ 10. August: Das Ziel und der Weg +++

Was auch immer die Staaten, die 1968 den Nichtverbreitungsvertrag verhandelten, im Sinne hatten: Beigetreten sind alle Mitgliedstaaten einem Vertrag, der in Artikel VI die Verpflichtung festhält, „in redlicher Absicht“ Verhandlungen zu führen über nukleare Abrüstung.

Die Präambel formuliert die Ziele des Vorhabens in Absätzen, die zwar etwas sperrig klingen, den hier in Genf viel zu oft hohle Phrasen dreschenden Delegierten und ihren Chefs in den Hauptstädten aber täglich in die Ohren gestopft gehören:

„[…] in der Absicht, zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Beendigung des nuklearen Wettrüstens herbeizuführen und auf die nukleare Abrüstung gerichtete wirksame Maßnahmen zu ergreifen,
mit der eindringlichen Empfehlung einer Zusammenarbeit aller Staaten zur Verwirklichung dieses Zieles, […]

in dem Wunsch, die internationale Entspannung zu fördern und das Vertrauen zwischen den Staaten zu stärken, damit die Einstellung der Produktion von Kernwaffen, die Auflösung aller vorhandenen Vorräte an solchen Waffen und die Entfernung der Kernwaffen und ihrer Einsatzmittel aus den nationalen Waffenbeständen aufgrund eines Vertrags über allgemeine und vollständige Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle erleichtert wird,

eingedenk dessen, dass die Staaten im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt unterlassen müssen und dass die Herstellung und Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit unter möglichst geringer Abzweigung menschlicher und wirtschaftlicher Hilfsquellen der Welt für Rüstungszwecke zu fördern ist […]“.

Das Ziel ist also klar:

  • die vollständige Abschaffung und Unschädlichmachung der Atomwaffen und ihrer Trägersysteme (ballistische Raketen, Marschflugkörper, Bomberflugzeuge, U-Boote, aber auch neue Systeme, wie die in Entwicklung befindlichen, am Rande der Atmosphäre gleitenden Hochgeschwindigkeitsflugzeuge),
  • die Stärkung des Gewaltverbots gemäß der UN-Charta,
  • die Minimierung der Ressourcen, die von den Staaten für Waffenzwecke aufgewandt werden.


Was der NVV nicht vorgibt, ist ein Zeitpunkt für die Umsetzung des Vertrags und der Weg zur atomwaffenfreien Welt.

Verschiedene Wege zum Ziel
53 Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages ist diese Frage aber dringlich. Der NVV sieht in Artikel X ein Rücktrittsrecht mit Dreimonatsfrist vor. Der iranische Delegierte machte gestern in einem Statement klar, dass Iran einer Einschränkung des Rücktrittsrechts niemals zustimmen würde, und er buchstabierte aus, welche Gründe zu einem Rücktritt führen könnten, darunter die Beschränkung des Rechts eines NVV-Mitgliedstaates, die friedliche Nutzung von Atomenergie uneingeschränkt ausüben zu können, was aufgrund der Sanktionen auf Iran zutrifft. Es ist also durchaus möglich, dass nach Nordkorea (2003) weitere Staaten dem NVV den Rücken kehren.

Eine Antwort auf die Frage nach dem Weg zum Ziel gaben 122 Staaten am 7.7.2017, als sie nach relativ kurzen Verhandlungen den »Vertrag über das Verbot von Atomwaffen« (Atomwaffenverbotsvertrag, AVV) abschlossen, der nach der 50. Ratifizierung am 21. Januar 2021 in Kraft trat. Inzwischen hat der AVV 68 Mitglieds- und 24 Unterzeichnerstaaten, bei denen der Ratifizierungsprozess noch im Gange ist. Der Vertrag verbietet, vereinfacht gesagt, den Besitz und alle mit dem Erwerb und Besitz von Atomwaffen verbundenen Aktivitäten sowie die Unterstützung solcher Aktivitäten. Ein Atomwaffen- und Teilhabestaat kann dem Vertrag beitreten; dazu muss er entweder zuerst seine Atomwaffen abschaffen oder einen exakten Plan vorlegen, wie dies passieren wird.

Das Problem: Sämtliche Atomwaffenstaaten, Teilhabestaaten und solche unter dem nuklearen Schutzschirm der USA lehnen den AVV ab. Es wird also schwierig, die atomwaffenfreie Welt über den AVV zu erreichen, und die AVV-Mitgliedstaaten sind sich dessen bewusst.

Eine andere Möglichkeit sind Verhandlungen über und der Abschluss einer Nuklearwaffenkonvention (Nuclear Weapons Convention, NWC). Ein Beispiel für das vollständige Verbot so genannter Massenvernichtungswaffen ist die Chemiewaffenkonvention von 1992, die seit 1997 in Kraft ist, strenge Überprüfungsmöglichkeiten vorsieht und fast unangefochten als verbindliches Völkerrecht akzeptiert wird. Vor fünf Wochen teilten die USA mit, sie hätten gemäß den Vertragsvereinbarungen ihre letzten Chemiewaffenvorräte vernichtet.

Bereits 1996 legten drei Nichtregierungsorganisationen einen Vertragsentwurf (Model Nuclear Weapopns Convention, mNWC) für eine NWC vor, den sie 2007 überarbeiteten. Beide Fassungen wurden als offizielle Dokumente bei den Vereinten Nationen eingeführt (2007 als UN DOC A/62/650). Der Entwurf zeigt auf, in welchen Schritten im Verlauf von 15 Jahren eine Abrüstung auf Null möglich und die Absicherung des Vertrags denkbar wäre. Anders als der AVV sieht der Entwurf vor, dass die Atomwaffenstaaten selbst an den Vertragsverhandlungen teilnehmen und durch den Verhandlungsprozess einerseits ihre eigenen Interessen einbringen, andererseits genug Vertrauen aufbauen können, um die Abschaffung von Atomwaffen überhaupt in den Bereich des Denkbaren zu rücken. (Mehr zur mNWC im englischen Buch »Securing Our Survival«.)

Die anhaltende Relevanz einer NWC war am Dienstag Thema eines Side Events. Die Arbeitsgruppe »NWC Reset« von Abolition 2000 stellte ihr für die PrepCom aktualisiertes Working Paper vor und stellte sich diesbezüglichen Fragen. Die Panel-Teilnehmer*innen nahmen durchaus zur Kenntnis, dass – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges – die politischen Voraussetzungen für Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot momentan nicht gegeben sind. Dennoch gelte es, vorbereitet zu sein, wenn sich die aktuell sehr vergiftete Atmosphäre zwischen relevanten Staaten verbessert.

Auch müsse die Abschaffung von Atomwaffen nicht notwendigerweise über eine NWC stattfinden. Möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, sei durchaus auch ein Beitritt der Atomwaffenstaaten zum NVV oder, wie vom UN-Generalsekretär vor einigen Jahren ins Spiel gebracht, ein Rahmenabkommen über die atomwaffenfreien Welt, in dessen Zuge Einzelschritte vorgegeben werden.

Wichtig sei nicht so sehr der Weg zum Ziel, als sich endlich auf den Weg zu machen. Als zeitlichen Rahmen drängt die Arbeitsgruppe darauf, Verhandlungen über eine NWC oder einen vergleichbaren völkerrechtlichen Vertrag aufzunehmen und bis zum Jahr 2030 abzuschließen. Die Umsetzung solle bis 2045 erfolgen – das wäre 100 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki, 75 Jahre nach Inkrafttreten des NVV und 100 Jahre nach Gründung der Vereinten Nationen. (rh)

 

+++ 9. August: »Hold the missile back« am Nagasaki-Tag +++

Heute, am Nagasaki-Tag, begrüßte eine Gruppe von Abolition 2000 die Delegierten der PrepCom und alle anderen, die morgens von der U-Bahn-Station zur Arbeit in die UNO kommen, mit dem 3D-Display des Raketensilos (siehe Eintrag zum 6.8.). Wir boten an, die Delegierten und UNO-Mitarbeiter*innen mit ihren eigenen Handys zu fotografieren. Manche nahmen das Angebot gerne an, andere ließen sich zumindest in ein Gespräch verwickeln.

Vor unserer Aktion hatte es leicht genieselt. Mir nahm es fast den Atem, als wir das Display wieder einrollten: Um das Display hatte der Wind den Boden getrocknet, nicht aber unter dem Display. So bliebe ein Schatten zurück. Er erinnerte mich an die Schatten in Hiroshima und Nagasaki, die von in der Hitze verdampften Menschen auf dem Pflaster übrig geblieben waren.

Uns hatte das Gerücht erreicht, die PrepCom-Sitzung heute würde mit einer Gedenkminute für Nagasaki beginnen. Fehlanzeige. Noch nicht einmal der japanische Delegierte, der eben sprach, erwähnte den Bombenabwurf. Das Thema ist sicherlich zu »confrontational«, schließlich sitzen auch die USA im Raum, die sich nach wie vor schwer damit tun, zu ihrer Verantwortung aus den Bombenabwürfen zu stehen. (rh)

+++ 9. August: Die Abrüstungs-Verpflichtung des Nichtverbreitungsvertrages (NVV): Was trägt Deutschland bei? +++

Eine der drei Säulen des NVV ist die Verpflichtung zur Abrüstung der Atomwaffen. Artikel 6 besagt, dass jeder Vertragsstaat die Verpflichtung hat, „in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens in naher Zukunft und zur nuklearen Abrüstung sowie über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle.“

Damit ist das Ziel einer atomwaffenfreien Welt vorgegeben – doch über die Umsetzung wird im Rahmen des NVV immer wieder heftig diskutiert, denn: wann genau die „nahe Zukunft“ beginnt, ist nicht näher datiert. Der Geduldsfaden vieler atomwaffenfreier Staaten ist schon lange gerissen. Seit über einem halben Jahrhundert ist der NVV in Kraft – doch global zero ist nach wie vor in weiter Ferne. Die Atomwaffenstaaten und ihre Verbündeten können wahlweise darauf verweisen, dass die nuklearen Arsenale bereits drastisch reduziert wurden. Zu Hochzeiten des Kalten Krieges gab es rund 70.000 Atomsprengköpfe, während es heute „nur noch“ 12.500 sind (was immer noch genug ist, um die Welt mehr als nur einmal unbewohnbar zu machen). Außerdem verweisen die Atomwaffenstaaten gerne darauf, die Sicherheitslage ließe mehr Abrüstung nicht zu.

Doch machen es sich die Atomwaffenstaaten damit nicht all zu bequem? Brasilien merkte in der vergangenen Woche an, dass es sich bei dem Verhältnis von Sicherheitslage und Abrüstung nicht um eine Einbahnstraße handle: „Wir sind nicht so naiv zu leugnen, dass das Sicherheitsumfeld einen Einfluss auf die Abrüstung hat. Aber Abrüstung - und der Ausdruck der Bereitschaft, sich für dieses Ziel zu engagieren - formt und verändert dieses Umfeld, indem es Vertrauen und guten Willen schafft.“

Folgt man dieser Logik, lohnt es sich zu betrachten, wie ausgeprägt der deutsche Ausdruck der Bereitschaft zur Abrüstung ist. Das Ergebnis ist ernüchternd. Zum einen beteiligt sich Deutschland an der nuklearen Teilhabe der NATO. Viele Staaten kritisieren das und halten diese Praxis für einen Verstoß gegen den NVV. Auch das Statement von ICAN-Sprecherin Elisabeth Saar sprach sich in der vergangenen Woche gegen die nukleare Teilhabe aus. Statt die Atombomben in Büchel abzurüsten, werden diese bald durch neue vom Typ B61-12 ersetzt. Seit einigen Wochen ist zudem bekannt, dass der Rüstungsproduzent „Rheinmetall“ in Weeze eine Fabrik zum Bau von Teilen für die F35 baut. Die F35 ist in der Lage, nuklear bewaffnet werden zu können. Für 8,3 Mrd. Euro wird die Bundesrepublik 35 dieser Flugzeuge beschaffen. In seiner Pressemitteilung zum heutigen Nagasaki-Gedenktag kritisierte das Netzwerk Friedenskooperative den Bau der Fabrik und sieht dies als Widerspruch zur Abrüstungsverpflichtung, der auch Deutschland unterliegt.

Wie gelangen wir zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt? In einem brandneuen Atombomber made in Germany wohl kaum. (mm)

 

+++ 8. August: AUKUS und zwei maximal unterschiedliche Sichtweisen +++

Die Konferenzen des Nichtverbreitungsvertrags sowie das Thema insgesamt leben von Buchstabensalat: NPT, CTBT, IAEA, P5, NAM, ODA, GD, …

Zu einem besonders häufig genannten Akronym bei der PrepCom gehört »AUKUS«. Das steht für »Australia, United Kingdom and United States«. Diese drei Länder haben im September 2021 mitgeteilt, sie hätten im Rahmen des trilateralen Sicherheitsbündnisses AUKUS als erstes gemeinsames Projekt die Versorgung Australiens mit atomenergiebetriebenen U-Booten vereinbart. „Nuclear sub(marine)s« also, bei denen „nuclear“ sich nicht auf die Bewaffnung mit Atomwaffen bezieht, sondern auf den Antrieb, der in diesem Fall eben nicht mit Dieselmotoren oder Brennstoffzellen erfolgen soll, sondern mit einem kleinen Atomreaktor.

Zu technisch? Aber interessant und ein Beispiel dafür, mit welchen Fragen die Delegierten (und ihre Regierungen) sowie die Nichtregierungsorganisationen und Fachexpert*innen sich im Kontext des NVV befassen (müssen).

Vereinbart ist, dass Australien zur (vermeintlichen) Erhöhung seiner militärischen Sicherheit zunächst drei US-Atom-U-Boote der Virginia-Klasse kauft, weil diese Anfang der 2030er Jahre zur Verfügung stehen können. Längerfristig will Australien aber selbst Atom-U-Boote bauen, und zwar den neuen Typ SSN-AUKUS (SSN steht für »submersible ship nuclear«). 

Das Problem mit den geplanten U-Booten: Der Reaktor soll aus technischen Gründen mit hochangereichertem Uran (highly enriched uranium) betrieben werden – dem »Bombenstoff«  , und nicht mit dem für Atomenergie üblichen niedrig angereicherten Uran. Das Uran wird von den USA an das Vereinigte Königreich geliefert. Dort wird Rolls-Royce Submarines Ltd. die Reaktoren bauen. Die werden einerseits in U-Booten für die britische Royal Navy eingesetzt, andererseits in U-Booten, die in Australien selbst gebaut werden. Die Bewaffnung der U-Boote soll aus den USA kommen, und zwar Marschflugkörper des Typs Tomahawk mit einer Reichweite von 1.700 km (was ein zweites Fass aufmacht für die Rüstungskontrolle, darüber will ich hier aber nicht reden.)

Das führt bei vielen Mitgliedstaaten des Nichtverbreitungsvertrages zu Bedenken, die den Kern des NVV berühren: die (Nicht-) Verbreitung von Atomwaffentechnologie und/oder -materialien, die für den Bau von Atomwaffen taugen. Der Deal nahm bereits bei der NVV-Konferenz vergangenes Jahr breiten Raum ein und war einer der Gründe, warum sich die Vertragsstaaten damals nicht auf ein Abschlussdokument einigen konnten.

Nach außen treten als Hauptkontrahenten auf der einen Seite die drei AUKUS-Partner auf, auf der anderen Russland und China. Beide Seiten haben für die PrepCom extra Broschüren produziert. Die von Think-tanks verantwortete russisch-chinesische Broschüre betont die Risiken und Herausforderungen für das Nichtverbreitungsregime. Der Knackpunkt dabei ist der Zugang der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) zum Uran in den Reaktoren, wenn diese an den Nicht-Atomwaffenstaat Australien ausgeliefert werden. Ein U-Boot befindet sich einen Großteil der Zeit auf bzw. in den Weltmeeren und ist dann nicht für IAEO-Inspektoren zugänglich. Außerdem sollen die technischen Details des Reaktors vertraulich bleiben, was den Zugang der Inspektoren selbst dann einschränkt, wenn das Boot auf der Werft liegt.

Australien und seine beiden Kooperationspartner hingegen betonen die vollständige Kompatibilität des Projekts mit dem NVV. Die Nutzung von nuklearen Schiffsantrieben sei durch das 1972 verabschiedeten Dokument der IAEO über bilaterale Sicherungsabkommen gemäß dem NVV abgedeckt, und zwar in Artikel 14. Der Prozess zum Abschluss eines speziellen Sicherungsabkommens zwischen Australien und der IAEO für die Atom-U-Boote würde transparent ablaufen, es würde nichts verheimlicht, das letzte Wort hätte der Governeursrat der IAEO. Mir fiel auf, dass die von der australischen Regierung herausgegebene Broschüre zum Deal an keiner Stelle überhaupt erwähnt, warum der AUKUS-Deal überhaupt zu heftiger Kritik führt: Das Wort »Uran« wird gar nicht verwendet.

Der russisch-chinesische Side Event zum AUKUS-Deal vergangenen Mittwoch bot ein rein männlich besetztes Panel auf (sowas kommt hier gar nicht gut an!) mit ehemaligen Botschaftern und Vertretern von Forschungsinstituten und Think-tanks. Gestern zog Australien nach mit einem paritätisch besetzten Panel, zu dem neben zwei versierten Expert*innen auch die Botschafter*innen von Australien, Vereinigtem Königreich und Vereinigten Staaten gehörten. Das Interesse war riesig, gestern waren mindestens 130 Zuhörer*innen im überfüllten Raum, darunter sehr viele Ländervertreter*innen.

Zu dem Thema gäbe es noch viel zu sagen, es wird sich auch durch den weiteren NVV-Überprüfungszyklus ziehen. Für den Moment belasse ich es aber bei zwei Leseempfehlungen:

(rh)

 

+++ 7. August: Hiroshimatag in Wien und Youth Fusion +++

Fluten gab es in Wien dieses Wochenende nicht, aber in Südösterreich und Slowenien. Hier kam kräftiger Wind an – aber am Sonntag um 18 Uhr gerade wenig genug, dass Abolition 2000, ein globales Netzwerk zur Abschaffung von Atomwaffen, in dem ich mitarbeite, gestern sein großes 3D-Display ausbreiten konnte. Das ist ein erstaunliches Ding, eine Art bemalter Teppich. Aus dem richtigen Winkel fotografiert, sieht es wirklich aus, als ob die Rakete mittels der Ketten im Silo festgehalten wird.

Das Display war Teil der Aktivitäten, die Wiener und österreichische Gruppen zum gestrigen Hiroshimatag auf dem Stephansplatz organisierten. Eine tolle Kulisse, viele Spaziergänger*innen und Tourist*innen aus aller Welt. Das Silo-Display und das Angebot, dass wir die Menschen fotografieren, wenn sie auf den Siloketten balancieren, war ein prima Aufhänger für Gespräche über das Thema Atomwaffen. Das gleiche galt für die kleine Fotoausstellung, die ein buddhistischer Mönch um sich ausgebreitet hatte, der im regelmäßigen Takt seine Trommel schlug. Ein Team des Roten Kreuzes war unterwegs, »untersuchte« Passant*innen auf erhöhte radioaktive Strahlenwerte und nutzte dies zur Aufklärung über die Folgen eines Atomwaffeneinsatzes.

Zur Kundgebung trugen hochkarätige Redner*innen bei, so die Vizepräsidentin des Roten Kreuzes Österreich, eine Vertreterin des Außenministeriums, der Superintendent der Evangelischen Kirche Österreich. Die Friedensbewegung war natürlich auch vertreten, darunter auch Abolition 2000 mit zwei Rednerinnen. Eine davon war Vanda Proskova aus der Tschechischen Republik; sie sprach für das globale Jugendnetzwerk von Abolition 2000, Youth Fusion. In ihrem Beitrag beschrieb sie kurz die Arbeit von Youth Fusion und nannte drei besonders relevante Gründe, warum Atomwaffen abgeschafft werden müssen: Sie sind zu teuer, sie haben inakzeptable Folgen für Mensch, Klima und Umwelt und sie bringen anders als von den Atomwaffenstaaten und der NATO behauptet keineswegs Sicherheit. Die deutsche Fassung ihres Redebeitrags steht hier.

Youth Fusion war auf der PrepCom bereits mit einer Rede im Plenary vertreten, nahm am Mayors for Peace Youth Forum teil (siehe Blogeintrag vom 3. August), beteiligt sich heute an einem Event zum Nexus von Atomwaffen und Klima und lädt diese Woche noch zu zwei weiteren eigenen Veranstaltungen ein.

Dieses globale Netzwerk von Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat im Kontext des Ukrainekrieges die »Youth Hotline Campaign« gestartet, die insbesondere junge Menschen aus Russland und den Vereinigten Staaten miteinander in Kontakt bringt, um Vertrauen aufzubauen und sich dann gemeinsam für Abrüstung einzusetzen. Das Projekt »Nuclear Stories« spielt sich auf Instagram ab und macht die Gefahren und Risiken greifbar, die mit Atomwaffen und Atomenergie verbunden sind. In den Podcasts der »Youth Fusion Expert Series« thematisieren internationale Expert*innen nukleare Abrüstung, Frieden, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung.

Es lohnt sich, die Website dieses globalen Netzwerks von jungen Menschen, Initiativen und Organisationen anzuschauen und sich selbst aktiv einzuklinken. (rh)

 

+++ 4. August: Hiroshima und Nagasaki Youth bei der PrepCom +++

Youth Fusion, Mayors for Peace Youth delegation, Nagasaki Youth, Youth4Disarmament Initiative, Young Deep Cuts Commission, P5 Young Professionals Network … Bei der PrepCom in Wien sind in der ersten Woche eine ganze Reihe Jugenddelegationen präsent, die sich mit viel Wissen und Elan in die Debatte einbringen und ihre eigenen Side Events veranstalten.

Am jüngsten sind die Schüler*innen aus Hiroshima. Seit vielen Jahren organisiert die Stadt Hiroshima eine Delegation mit etwa 15 Teilnehmer*innen von mehreren High Schools. Sie sind so jung, dass sie sich nicht alleine in den Gebäuden der Vereinten Nationen bewegen dürfen (das geht erst ab 18), sondern immer als Gruppe mit ihren Betreuer*innen unterwegs sind. Sie hören der Debatte der Delegierten zu, führen Einzelgespräche mit den Botschafter*innen mancher Länder, besuchen die in Wien ansässigen UN-Organisationen (Atomenergieorganisation und Teststoppbehörde), organisieren wie die übrigen Jugendgruppen auch ein eigenes Programm und freuen sich über jedes Gespräch mit Konferenzteilnehmer*innen aus anderen Ländern.

Sie haben sich gut auf ihre Reise vorbereitet, zielstrebig Englisch gelernt und präsentierten ihre Projekte bei dem von den Mayors for Peace (Bürgermeister für den Frieden) veranstalteten „Youth Forum“ am zweiten Tag der PrepCom der Konferenzöffentlichkeit. Alle engagieren sie sich an ihren Schulen und darüber hinaus. Sie klären über die Folgen der Atombombeneinsätze in Hiroshima und Nagasaki auf, sind in Kontakt mit Überlebenden der Einsätze, den „hibakusha“, überlegen sich Möglichkeiten, deren Erlebnisse und Erfahrungen weiterzutragen in ihre und die nächsten Generationen. Englischsprachige Führungen für ausländische Besucher*innen des Hiroshima Peace Memorial Parks animierten Schüler*innen der Jogakuin Junior & Senior High School dazu, eine Website mit einer Online-Tour durch den Park zu gestalten. Gemeinsames Motto dieser Schüler*innen ist „No more hibakusha“ und eine Welt ohne Krieg.

Ihren Aktivitäten kommt ein hoher Stellenwert zu: Am „Youth Forum“ nahmen die Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki teil – sie sind die beiden Präsidenten der Mayors for Peace  , ebenso die Hohe Repräsentantin für Abrüstungsangelegenheiten der Vereinten Nationen, Izumi Nakamitsu. Alle drei würdigten die Arbeit der Jugendlichen mit kurzen Redebeiträgen.

Auch die Nagasaki Youth stellte sich bei dem „Youth Forum“ vor. Unter diesem Namen läuft ein regelmäßiges Programm des Research Center for Nuclear Weapons Abolition (RECNA) an der Nagasaki University. Etwa 15 Studierende aus allen Fachbereichen belegen ein Jahr lang einen mehrstündigen Kurs, in dem sie sich mit Atomwaffen(politik) beschäftigen und auf die Teilnahme der NVV-Konferenzen vorbereiten.

Die Nagasaki Youth bot zusätzlich einen eigenen Side Event an, der gestern in der Mittagspause lief: „Writing Peace: Uniting Nations with the Art of Calligaphy“. Der Titel machte mich neugierig, außerdem nehme ich gern an „jungen“ Side Events teil. Der Workshop durchbrach das übliche Muster. Nach einer kurzen Videopräsentation des bisherigen Kalligraphieprojekts wurden die Teilnehmer*innen gebeten, sich in kleinen Gruppen zusammenzusetzen, sich kurz vorzustellen und darüber zu unterhalten, was für sie „Glücklichsein“ (happiness) bedeutet und was „Frieden“ (peace). In meiner Gruppe: eine RECNA-Studierende, ein japanischer Dozent aus Tokio und ein junger Diplomat, der aus Mexiko stammt, in Wien lebt und bei der PrepCom die Delegation von San Marino mitvertritt. Es entwickelte sich ein super interessantes Gespräch, das verdeutlichte, wie stark die Vorstellungen von „Glück“ und „Frieden“ von den jeweiligen Lebensumständen abhängen. Danach wurden wir gebeten, mit Kalligraphie-Pinseln mit einem oder mehreren Worte aufzuschreiben, was Frieden ist oder braucht. Anschließend wurden wir durchs Falten eines Kranichs bugsiert – Dank der Geduld von Noa hat das diesmal sogar bei mir geklappt!

Das Konzept ging voll auf: Alle waren aktiv beteiligt, die Gespräche waren lebhaft, es wurde gelacht und gebannt zugehört, es fand ein echter Austausch statt, der mehr zum gegenseitigen Verständnis beitrug, als viele Tage abgelesener Statements.

Die Präsenz der vielen jungen Menschen – nicht nur, aber besonders der aus Hiroshima und Nagasaki  , tut der PrepCom gut. Die Delegierten werden immer wieder aus ihrem Diplomatenhabitus herausgeholt und daran erinnert, warum die Abschaffung von Atomwaffen so wichtig ist: um diese und die nächste Generation von der „Geisel der nuklearen Bedrohung“ zu befreien oder, wie es eine junge Frau sagte, um sicherzustellen, „dass wir die letzte Generation sind, die mit dieser Gefahr leben muss“. (rh)

 

+++ 3. August: PrepCom – wie sieht das Programm aus? +++

Die PrepCom dauert zwei Wochen, vom 31. Juli bis zum 11. August. Das offizielle Programm ist gegliedert in mehrere inhaltliche Blöcke und findet jeden Tag von 9-13 Uhr und von 15-18 Uhr statt. Zumindest die Endzeiten werden streng eingehalten, da das Budget keine Überstunden für die Dolmetscher*innen vorsieht.

  • In den ersten drei Tagen gab es die General Debate. In der General Debate können die Diplomat*innen sämtliche Themen ansprechen, die ihrer Regierung in Bezug auf den NVV und dessen Umsetzung wichtig scheinen – das lässt Raum für ein breites inhaltliches Spektrum. So erwähnten viele Statements westlicher Staaten* ausdrücklich den Ukrainekrieg und forderten Russland zum Rückzug seiner Truppen auf.
    Fast alle Länderstatement werden von einer als „Liaison“ fungierenden NGO, Reaching Critical Will (RCW), online gestellt. Fast alle deshalb, weil nicht alle Staaten ihre Statements gedruckt oder als Datei zugänglich machen. Auf der PrepCom werden die sechs offiziellen UN-Sprachen Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch benutzt. In welcher Sprache ein Statement vorgetragen wird, bleibt den einzelnen Delegierten überlassen. Viele tragen in Englisch vor – sozusagen die „lingua franca“ der PrepComs. Anderen ist es wichtig, ihre eigene Sprache zu nutzen. Wenn ihr Statement nur in dieser Sprache vorliegt, stellt RCW dieses online; die englische Version ist dann in der Simultanübersetzung zugänglich.
    Am Vormittag des dritten Tages kamen die Nichtregierungsorganisationen (NGO) zu Wort. Auch diese Statements stellt RCW online.
    * Die NVV-Konferenzen spiegeln immer noch die Realität vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion wieder. So gibt es im offiziellen Gefüge etwas vereinfacht gesagt die Western and Others Group (wir würden heute sagen: Globaler Norden), die Eastern European Group (das waren die Sowjetunion und die osteuropäischen Länder in ihrem Einflussbereich), das Non-Aligned Movement (Blockfreie Staaten) und China. Das führt dazu, dass sich z.B. beim Vorsitz von Cluster-Diskussionen Länder wie Polen und die baltischen Staaten mit Russland auf eine Person einigen müssen.

  • Die Tage 4 und 5 sind Cluster I gewidmet. Dort geht es um vor allem um nukleare Abrüstung und Sicherheitsgarantien.
  • An den Tagen 6 und 7 stehen in Cluster II Fragen Sicherungsaspekte und Nichtverbreitung im Mittelpunkt, außerdem regionale Fragen, dazu gehört das Streben nach einem Nahen- und Mittleren Osten ohne Massenvernichtungswaffen.
  • An den Tagen 8 und 9 befassen sich die Staaten in Cluster III mit der friedlichen Nutzung von Atomenergie.
  • Am letzten, dem 10. Tag, steht am Vormittag zur Diskussion, wie die Umsetzung des Vertrages gestärkt werden kann. Am Nachmittag wird versucht, sich auf einen gemeinsamen Abschlussbericht dieser ersten PrepCom im aktuellen Überprüfungszyklus an die zweite PrepCom (die nächstes Jahr vom 22. Juli bis zum 2. August in Genf stattfinden wird).

Neben diesem offiziellen Programm gibt es wie schon an anderer Stelle erwähnt eine dichte Abfolge von Side Events – in der ersten Konferenzwoche mehr als in der zweiten, da viele NGO-Vertreter*innen (nicht zuletzt aus finanziellen Gründen) gegen Ende der ersten Woche wieder abreisen. (rh)

 

 

+++ 3. August: AVV-Mitgliedsstaaten rufen zu Beitritt zum Atomwaffenverbot auf +++

Am vierten Tag der Konferenz wenden sich die Mitgliedsstaaten des Atomwaffenverbotsvertrages (AVV) mit einem gemeinsamen Statement an die teilnehmenden Staaten der NPT PrepCom in Wien und rufen diese dazu auf, dem AVV beizutreten. Diejenigen Staaten, die noch nicht bereit seien, dem AVV beizutreten, sollen an der zweiten Vertragsstaatenkonferenz teilnehmen und sich konstruktiv beteiligen.

Bereits in den Vortagen riefen verschiedene Staaten in ihren Statements zum Beitritt zum AVV auf.

Zalhreiche Statements hat die NGO "Reaching Critical Will" hier auf ihrer Website dokumentiert. (mm)

 

+++ 2. August: So was gibt es auch – Teil 1 +++

In der UNO gibt es natürlich nicht nur Konferenzen und abgelesene Reden, sondern auch kurzweiligere Dinge.

In der großen Eingangshalle der UN-Gebäude hier in Wien kurvt ein knall-oranger … Putzroboter. Er dreht den ganzen Tag seine Runden. Stelle ich mich ihm in den Weg, bleibt er höflich stehen und versucht, um mich herumzufahren. Schneide ich ihm den Weg mehrmals ab, dann bleibt er stehen, bis ich davonlaufe, und nimmt seinen Putzdienst wieder auf.

Ein Teil des Konferenzbetriebs sind „light lunches“; in der Regel gibt es dann plastikverpackte Sandwiches, manchmal etwas Obst und in seltenen Fällen – ein solches Büffet muss beim Monopol-Caterer der UN bestellt werden – auch etwas Süßes. Besonders großzügig zeigten sich heute die Vereinigten Staaten, Südafrika und Deutschland als Sponsoren der unten bereits erwähnten Ausstellung über die Lösung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UN mit Hilfe der Nukleartechnologie. Etwas verbale Propaganda, eine Menge IAEO-Gesprächspartner bei den einzelnen Ausstellungsstationen und ein Büffet mit köstlichen Leckereien. (rh)

 

 

+++ 2. August: Atomtechnik rettet die Welt … +++

Die diesjährige PrepCom findet in dem Gebäudetrakt der Vereinten Nationen statt, in dem die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) angesiedelt ist. Das ist unübersehbar: Auf dem Weg zum Plenarsaal werden wir mit den „Segnungen“ der friedlichen Nutzung von Atomenergie begrüßt. Motto: „Nuclear Solutions for the SDGs“ – „Nukleare Lösungen für die Ziele für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen. Das Versprechen: Atomenergie liefert sichere, saubere, nachhaltige Energie für eine CO2-freie Zukunft, sorgt für sauberes Wasser und den Schutz der Ozeane, ermöglicht die Versorgung der Welt mit gesunden Nahrungsmittel, ist unverzichtbar in der Medizin …

Dem „unveräußerlichen Recht aller Vertragsparteien […,] die Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke zu entwickeln“ (der Wortlaut ist wirklich so), kommt im Gefüge des NVV eine wichtige Rolle zu – schon bei den Vertragsverhandlungen bis 1968 und in den letzten Jahren mehr denn je. Dieses in Artikel IV festgeschriebene Recht (hier der volle Wortlaut) folgt im NVV der Logik, dass den Nichtatomwaffenstaaten ein Anreiz geboten werden muss, damit sie dem Vertrag beitreten und auf eigene Atomwaffen verzichten.

Ein Anreiz ist die Zusage der Atomwaffenstaaten, über die vollständige Abrüstung von Atomwaffen zu verhandeln, also selbst zu Nichtatomwaffenstaaten zu werden. Der zweite Anreiz ist das Versprechen, die „friedliche Nutzung“ der Atomenergie durch die Mitgliedstaaten nicht einzuschränken.

Dabei bleibt es im Vertragstext aber nicht. Vielmehr wird in Artikel IV auch geregelt, dass ein „weitestmöglicher Austausch von Ausrüstungen, Material und wissenschaftlichen und technologischen Informationen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie zu erleichtern“ ist, und zwar unter „unter gebührender Berücksichtigung der Bedürfnisse der Entwicklungsgebiete der Welt“.

Damit nicht genug: Die Atomwaffenstaaten sind gefordert, auch die „möglichen Vorteile aus jeglicher friedlichen Anwendung von Kernsprengungen“ mit den Nichtatomwaffenstaaten zu teilen und diesen dafür keine ungebührlichen Kosten in Rechnung zu stellen. Zumindest diese damals tatsächlich in Betracht gezogene Möglichkeit ist aus dem heutigen Denken verschwunden und durch den Umfassenden Teststoppvertrag (CTBT) untersagt.

Entsprechend sind im offiziellen Programm der PrepCom zwei volle Konferenztage für „Cluster 2“ reserviert, in dem sich die Mitgliedsstaaten mit der „friedlichen Nutzung von Atomenergie“ befassen. In Dutzenden der Statements, die bis heute Abend von den Diplomaten der Mitgliedstaaten verlesen werden, wird auf das „unveräußerliche Recht“ gepocht. Fünf Arbeitspapiere, die von den Blockfreien Staaten, also dem Globalen Süden, Iran, Japan, einem Zusammenschluss von Staaten des Globalen Nordens und Frankreich speziell für diese Konferenz verfasst wurden, befassen sich mit dem Thema – Letzteres bietet ausdrücklich die nukleartechnische Expertise des französischen Atomkomplexes an.

Dieser Fokus spiegelt sich auch im offiziellen Statement der deutschen Delegation und in etlichen Side Events. Dazu bald mehr.

… und Deutschland hilft mit?

Am ersten Konferenztag meldete sich die deutsche Delegation mit ihrem General Statement zu Wort. Ich nahm zu dieser Zeit an einem Side Event mit jungen Menschen statt, gehe aber davon aus, dass der Wortlaut wie hier abrufbar verlesen wurde. Auf das Statement werde ich später nochmals in anderem Kontext eingehen, hier geht es speziell um – genau! – die friedliche Nutzung von Atomenergie.

Deutschland erinnert an den nationalen Ausstieg aus der Energieproduktion mit Fusionsreaktoren (wir nennen die meist AKW) aufgrund des bestehenden „Restrisikos“. Dessen unbenommen: „Deutschland ist dem unveräußerlichen Recht aller Mitgliedsstaaten des NVV auf die friedliche Nutzung von Atomenergie-, wissenschaft und -technologie verpflichtet.“ In Übereinstimmung mit Artikel IV des NVV werde Deutschland auch „weiterhin zu Anwendungen der Nuklearwissenschaft in Bereichen wie Gesundheit, Umweltschutz, Wasser, Nahrungsmittel und Landwirtschaft beitragen“. Um dies zu ermöglichen, ist Deutschland „entschlossen, sein Wissen und seine Expertise in Nuklearwissenschaft und -technologie zu erhalten, zu entwickeln und zu teilen. […] Zur Erreichung dieses Ziels werden wir Ausbildung, Schulung, Forschung und internationale Kooperation weiterhin verfolgen.“

Das reicht? Nein, reicht nicht! Weiter im Text: „Deutschland wird auch seine Unterstützung für die internationale Zusammenarbeit bei der Kernfusionsforschung fortsetzen, die das Potential haben könnte, im Rahmen eines künftigen Energiemixes viele der globalen Energieprobleme zu lösen.“

Anstatt Spaltreaktoren also Fusionsreaktoren? Atomausstieg sieht anders aus! (rh)

 

+++ 2. August: Streit um die nukleare Teilhabe bei der NPT PrepCom +++

Bereits bei vergangenen Überprüfungskonferenzen konnten sich die Vertragsstaaten nie auf eine gemeinsame Einschätzung zur nuklearen Teilhabe einigen. Während der Großteil der Vertragsstaaten diese Praxis als nicht kompatibel mit den Artikeln I und II des Nichtverbreitungsvertrages ansahen, beharrten die NATO-Staaten darauf, dass ihre Nukleare Teilhabe noch auf die Zeit vor dem Vertrag zurückgehen und deshalb nicht durch den Vertrag angetastet werden. Neu bei der diesjährigen PrepCom ist, dass nun auch Russland Atomwaffen in einem anderen Staat – nämlich Belarus – stationiert.

Über dieses Streitthema der ersten Verhandlungstage gibt es hier auf www.AtomwaffenA-Z.info einen ausführlicheren Text. (mm)

 

+++ 1. August: Wie läuft so eine Atomwaffenkonferenz eigentlich ab? +++

Die NVV-Konferenzen sind hochgradig durchritualisiert. Die Tagesordnung ändert sich nur wenig. Viele Staaten bräuchten sich gar nicht erst die Mühe machen, jedes Jahr ein neues Statement zu verfassen, weil sie ohnehin das Gleiche sagen, wie im Jahr zuvor. Das stimmt natürlich nicht ganz, aktuelle Ereignisse und Vorwürfe spiegeln sich durchaus in den Redebeiträgen, seit vergangenem Jahr insbesondere der Ukrainekrieg. Aber im Wesentlichen ist vorab zu ahnen, was die einzelnen Staaten oder Staatengruppen (EU, Arabische Liga, Afrikanische Union usw.) sagen werden.

In den offenen Sitzungen gibt es außerdem keine wirklich Diskussion; die Statements werden abgelesen und wurden vorab detailliert mit den jeweiligen Außenministerien abgestimmt oder sogar von diesen verfasst. Das gilt übrigens auch für die dreistündige Sitzung, in der Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen und akademischen Institutionen reden dürfen (und meist nur wenige Diplomat*innen zuhören). Zwei Sitzungen à drei Stunden am Tag werden abgehalten. Parallel dazu sowie in der zweistündigen Mitagspause finden zahlreiche, manchmal superinteressante „Side Events“ statt, die von Staaten, offiziellen Organisationen wie der IAEO, akademischen Instituten und (oft regierungsnahen) ThinkTanks, aber auch von kritischen Nichtregierungsorganisationen abgehalten werden. Die Tage sind also gut gefüllt …

Zur Einstimmung auf die weiteren Blogbeiträge möchte ich aus dem Eröffnungsstatement von Izumi Nakamitsu zitieren, der Hohen Repräsentantin für Abrüstungsangelegenheiten der Vereinten Nationen:

„Es gab seit dem tiefsten Kalten Krieg keine Zeit, in der das Risiko eines Atomwaffeneinsatzes so hoch und gleichzeitig das Regime, eben diesen Einsatz zu verhindern, so zerbrechlich war.“

(rh)

 


+++ 1. August: NPT PrepCom – wieso, weshalb warum? +++

Seit den 1960er Jahren wurden zahlreiche Verträge abgeschlossen, um Atomwaffen abzurüsten oder zumindest ihre Verbreitung einzudämmen und die Auswirkungen von Atomwaffentests zu minimieren. Einige dieser Verträge wurden bilateral zwischen den USA und der Sowjetunion bzw. Russland ausgehandelt – die sind inzwischen alle ausgelaufen, wurden gekündigt oder „ausgesetzt“. Andere sind international; dazu gehören der Umfassende Teststoppvertrag, der 2021 in Kraft getretene Atomwaffenverbotsvertrag und der 1968 verabschiedete und 1970 in Kraft getretene Nichtverbreitungsvertrag (NVV, englisch Non-Proliferation Treaty, NPT).

Dem NVV sind 190 Staaten beigetreten, darunter die fünf „offiziellen“ Atomwaffenstaaten China, Frankreich, Großbritannien, Russland und USA. Die de-facto-Atomwaffenstaaten Indien, Israel und Pakistan blieben außen vor; Nordkorea hat seine Mitgliedschaft im Vertragswerk gekündigt und mehrmals Atomwaffen getestet.

Die Mitgliedstaaten treffen sich in einem Fünfjahreszyklus, um „die Wirkungsweise dieses Vertrags zu überprüfen, um sicherzustellen, dass die Ziele der Präambel und die Bestimmungen des Vertrags verwirklicht werden“ (Artikel VIII, Absatz 3). Die Überprüfungskonferenz wird durch jeweils drei „Vorbereitungskomitees“ (Prepatory Committee, PrepCom) vorbereitet, an denen ebenfalls alle Mitgliedstaaten teilnehmen können. Das erste solche Vorbereitungstreffen – kurz PrepCom – findet jetzt bis 11. August in Wien statt, und zwar im Vienna International Center, das ist der UNO-Sitz in Wien. (rh)



+++ 31. Juli: Die NPT PrepCom gestartet +++

In Wien hat heute am 31. Juli eine Atomwaffenkonferenz begonnen. Die hat einen sperrigen Namen, der hoffentlich nicht vom Weiterlesen abschreckt: Erste Vorbereitungskonferenz für die Überprüfungskonferenz 2026 des Nichtverbreitungsvertrags.

Über diese will ich in den nächsten zwei Wochen gelegentlich schreiben, ohne Anspruch auf umfassende Berichterstattung und mit einer subjektiven Themenauswahl. (rh)

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